Samstag, 12. Juni 2021

1950er Wohnzimmer - Rülke - 1950s living rooms

Wohnzimmer von 1950


Nach all diesen Jahren leuchtet der Bezug noch statt dünn und ausgebleicht zu sein.
After all this years the fabric is still shining bright instead of fading away.

This German livingroom is a complete set.
The single pieces were hidden in a large lot offered by an antiquary on Ebay.
 I was lucky enough to have a photo of an early 50s catalogue by Hermann Rülke 
where exactly this set was shown 
and I could arrange it accordingly. 
Though you cannot see the warm wooden colour and the wonderful craftsmanship on the photo.
 The glass plate was intact when I found it in my delivered lot 
but without the photo I would not have known what to do with it.
 Later I found out that formerly there were special tables designed for smokers 
where you could lay down your smoking accessories 
without the risk of burning the table. 
They often had a metal surface, here it is glass.


Die Möbel waren alle in einem riesigen Möbelkonvolut verborgen, 
das eine Antiquitätenhändler bei Ebay anbot.
 Da ich erst kürzlich durch Zufall Fotos aus einem alten 
Hermann Rülke Katalog von 1950 erhalten hatte, 
 erkannte ich, das es sich um ein komplettes Set 
aus genau diesem Möbelprogramm handelte,
 das dazu noch sehr gut erhalten war.
Die Glasplatte auf dem Beistelltisch rechts hat ein Loch
 in der Mitte und ist nur lose aufgelegt.
Sie war auch in diesem riesigen gemischten Konvolut, 
aber ohne das Firmenfoto hätte ich nicht gewusst, 
dass sie noch auf die Tischplatte gehört.
 Ich forschte weiter nach und fand heraus,
 dass es sich um ein sogenanntes Rauchertischchen handelte, 
auf das der Herr alle Utensilien zum Rauchen ablegen konnte.
 Damit die Holzoberfläche nicht beschädigt wurde,
 war die Oberfläche dieser Tische oft aus Metall, hier sehr elegant aus Glas. 
Bei diesen Nachforschungen werde ich immer wieder daran erinnert, 
dass unser Hobby auch Bewahrung von Kulturgeschichte ist.
 
Für den Sessel wurden die einzelnen Holzstreifen auf den Holzrahmen geklebt.
The armchair was made by glueing strips of wood on a frame.


 

Die Blumenvase ist aus Holz und festgeklebt. 

Welchen Stil repräsentiert dieses Wohnzimmer nun? 
Es sind nicht die Fünfziger, dieser Stil entstand erst Mitte des Jahrzehnts.
 Ist es also noch das Design des Dritten Reichs? 
Und was muss ich mir darunter vorstellen?
Eine kurze Internetrecherche und ich bin klüger: 
es gibt wohl keine wirklich kennzeichnende Form- oder Produktsprache, 
nichts wirklich Eigenständiges ist erkennbar. 
Die Nazis hatten widersprüchliche Pseudo-Theorien, 
aber letztendlich war bei Gebrauchsgegenständen, 
wie Hausrat und Möbeln eine schlichte Form vorherrschend, 
eine Stilmischung aus Werkbundgedanken und Bauhausdesign,
 sowie anderne Stilen. Natürlich lehnten die Nazis den Bauhausstil offiziell ab. 
Was für ein interessantes Thema...
Well - what style of furniture design is this livingroom of 1950? 
It is not the style of the Fifties as that emerged in the middle of the decade, 
 that means it is a Third Reich design - and was there actually a Nazi design? 
Questions which a quick internet research solve: 
there was no actual Third Reich design they just copied elements of style 
from >Bauhaus and >Werkbund and other trends. 
But what an interesting field of research this is ...





Von 1950 sind die letzten datierten Katalogfotos Rülkes, die ich kenne. 
Die Firma produzierte bis 1971 unter ihrem Namen, 
obwohl sie schon Anfang der Sechziger zu staatlicher Beteiligung gezwungen wurde. 
1972 erfolgte die komplette Übernahme durch den Staat 
und Rülke wurde wie alle anderen enteigneten Spielzeugfirmen Teil der VERO.

 Wie folgt man einem Hersteller durch mehr als 20 Jahre, 
wenn es keine weiteren Kataloge mehr gibt?
Hermann Rülke wurde in Messeberichten der westdeutschen Branchenzeitschrift "Das Spielzeug" 
zwar ab und zu als traditionsreiche Firma erwähnt, 
 Abbildungen gab es aber leider nicht. 
In der ostdeutschen Zeitschrift "Spielzeug von heute" finden sich erst 
1968 und 1969 einige Fotos in teilweise sehr schlechter Qualität.

Als wichtigstes Hilfsmittel haben sich deshalb Möbelsets im Originalkarton erwiesen. 
Auch hier ist Wachsamkeit geboten, vor allem wenn die Möbel lose im Karton liegen 
- wie kann man wissen, dass der Inhalt wirklich original ist? 
Sind die Möbel noch mit der Originalkordel befestigt, 
was sehr selten zutrifft, können wir endlich sicher sein. 
Die zweite Schwierigkeit ist bei Puppenmöbeln aus den Fünfziger Jahren oft, 
die Kartons nicht mit Herstellernamen beschriftet sind.












 
 
 




Möbelkarton von Rülke aus den Fünfzigern




Möbelset


 
 

 
 

 
 
 
Dregeno, eine Verkaufsgesellschaft für viele kleine Hersteller im Erzgebirge -
auch Hermann Rülkes Puppenmöbel wurden teilweise darüber vertrieben.
Die letzte Zahl ist eine "57" - ein Hinweis auf das Herstellungsjahr?
 
 
 
 


 
 

 
Dregeno, a sales company for many small manufacturers in the Ore Mountains (Erzgebirge) -
Hermann Rülke's dolls' furniture was also partly sold by them.
The last number is a "57" - an indication of the year of manufacture? 

 
 
 


 
 
 
 

 
 
 
Zeitungsständer (Dregeno/Rülke),
der auch in dieses Wohnzimmerset von Rebecca gehört.

Newspaper rack 
 
 

 

 
"Nagelsessel"
 
 
 
 Evas Sammlung
 
In einem Bericht zur Leipziger Messe am 14.3.1957 berichtet die "Neue Zeit": 
Im großen wie im kleinen hat sich einiges getan auf dem Gebiete der Wohnkultur. 
Hermann Rülkes (Kleinhartmannsdorf) Puppenstubeneinrichtungen bieten Anbauküchen
 nach letztem Modell der Bauakademie, schaumgummigepolsterte Schalensessel, 
hochmodische Couchs und Sitzecken in vielen Farben, exklusive Verandaliegen."
"schaumgummigepolsterte Schalensessel, hochmodische Couchs und Sitzecken in vielen Farben"



 
 



 



Zwei Sesselformen, 
deren Design am damals aufkommenden skandinavischen Wohnstil angelehnt sind.
 Ich habe viele Wohnzimmer mit Varianten dieser Sessel gesehen,
 alle wurden von Rülke-Schränken begleitet, 
d.h. ich fand die typischen Griffe und Bücher oder Vasen, die auf Rülke hinweisen.





 



 
 

Sammlung Borbeck
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Bananensofa


Dagmar's Collection
 

Dagmar's Collection
 
 
 




 
 
 

Dagmar's Collection

 
 
Dagmar's Collection

 
 
 
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Einige Varianten des Schrankes von Ende der 50er bis Ende der 60er Jahre:

  • große, runde, flache, goldene Griffe, kleine lange Griffe, später Plastikgriffe,
  • Plastiktüren mit goldenem diagonalen Muster, später kariert mit weißen und schwarzen Streifen,
  • Schubladen aus Holz, gar keine Schubladen, später 2 graue und zwei weiße Schubladen aus Plastik,
  • schräge Holzbeine aus runden oder eckigen Holzleisten, gar keine Beine,
  • bunte Holzbücher und silberne kleine Vasen auf den Regalen festgeklebt, später Attrappen aus Pappe

 
 

 
Dagmar's Collection
 

 

Hermann Rülkes Wohnzimmerliegen


 entwickelten sich wohl aus den Sofas - 
und zwar aus Sofas, die nicht symmetrisch geformt waren. 
Nur eine Seite hatte ein Polster als Armlehne bzw. war die Kopfstütze,
 wenn man darauf schlafen wollte. Es waren Varianten der alten Chaiselongue
 und sie konnten nun als Schlafgelegenheit verwendet werden, 
was ja gut in die Nachkriegszeit passt.

Die Polstergarnitur im Wohnzimmer, so wie wir sie kennen, 
ist erst eine spätere Entwicklung. 
Puppenmöbelkataloge aus den frühen Fünfzigern haben oft einen Tisch mit Stühlen
 im Zentrum des Zimmers, an der Wand sind der wuchtige Wohnzimmerschrank,
 eine kleinere Kommode und mal ein Sofa oder ein bis zwei Sessel arrangiert.

War es eine Mode der 50er, statt des Sofas eine Liege in die Sitzecke zu integrieren. 
War es eine wirkliche Schlafgelegenheit? Oder ein Gästebett? 
Oder sah es nur chic aus? 
In den 60ern findet man zwar immer noch elegante Liegen, 
z.B. bei Bodo Hennig, sie sind aber eher Einzelstücke
 und nicht Teil einer Polstergarnitur wie hier.

Die nächste Entwicklung lässt die Rückenlehne ganz weg. 
Jetzt kann die Liege auch frei im Raum stehen.

 




 

Rülke - Fernsehen - TV


 


 
 TV-Modelle aus dieser Zeit zeigen
 verschiedene Szenen einer Dschungelgeschichte.  
Sind es Illustrationen aus einem bekannten Kinderbuch aus dieser Zeit? 
Welche Geschichte mag es wohl sein? 
Mogli wohl nicht, denn hier beherrscht eindeutig der Elefant jedes der Bilder.
 Eine seltsame Wahl für ein Fernsehmotiv und viel seltsamer ist es, 
dass es so viele Jahre verwendet wurde - bis Anfang der 70er Jahre.

Es wundert mich, dass die Firma das wirklich altmodische Motiv nicht 
durch ein buntes Bild ersetzte,
 selbst als der Fernseher schon ganz aus Plastik war. 

A strange thing:
why choose a black and white photo of an elephant with black children in a fairy jungle
and keep to this old-fashioned picture for many years,
even having many different scenes from that tale?
Around the year 1970 we find the elephant in a plastic TV and I still do not know
the origin of that drawingand why the firm was clinging on to it for so long.
 
 
 
 
 
  Wenn nicht anders vermerkt, sind alle Fotos aus meiner Sammlung
diePuppenstubensammlerin
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